11.

Um zehn Uhr morgens standen beide in der Küche und diskutierten über das Kochen, als Julian sich plötzlich an etwas erinnerte.

„Ah, stimmt… ich habe ganz vergessen – heute Abend ist ein Treffen mit meinen Freunden. Mach dich fertig, du kommst mit.“

„Wirklich!?“ Ihre Augen leuchteten vor Aufregung.

„Ja, um sechs Uhr geht’s los.“

Sie begann vor Freude leicht zu hüpfen. „Von hier an beginnt der schöne Urlaub!“

Julian lachte leise. „Na dann… du solltest dich benehmen, ja? Sie sind nicht wie deine Klassenkameraden.“

„Oh bitte, ich weiß, wie man sich benimmt“, sagte sie mit einem gespielten Schmollmund.

„Du darfst niemanden unterbrechen, keine sarkastischen Kommentare – und iss nicht zu viel Sushi auf einmal.“

„Also bitte! Ich bin doch keine Wilde!“

„Manchmal habe ich da so meine Zweifel…“, meinte er scherzend und tippte ihr sanft gegen die Stirn.

„Tz, dann zeig mir lieber, wie ich höflich und elegant ‘Guten Abend’ sage“, sagte sie frech.

„Mit einem Lächeln. Nicht zu groß. Und… kein Augenrollen“, sagte er mit einem Grinsen.

Sie nickte ernst. „Verstanden, Chef!“

Er trat näher und sah sie mit einem weichen Blick an. „Du wirst perfekt sein – wie immer.“

Sie errötete leicht, wandte sich aber schnell ab. „Ich geh mich jetzt vorbereiten… bevor du noch schnulziger wirst.“

„Zu spät“, murmelte er mit einem kleinen Lächeln, während sie die Küche verließ.

„Es ist noch genug Zeit, dich fertigzumachen“, sagte er und klopfte auf die Arbeitsplatte. „Komm her – du wirst heute etwas kochen lernen.“

Sie kam langsam zurück, sichtbar enttäuscht. „Warum nervst du mich immer mit diesem Thema? Kannst du nicht einfach jeden Tag selbst kochen?“

„Nein“, antwortete er trocken.

„Warum nicht? Du kannst es besser als ich!“

„Gerade deshalb. Du musst es lernen. Sonst wirst du mir irgendwann verhungern, wenn ich mal nicht da bin.“

Sie verzog das Gesicht. „Ich kann mir auch einfach jeden Tag was bestellen.“

„Wenn du jeden Tag Pizza isst, wirst du irgendwann… rund.“

„Pff… besser rund und glücklich als schlank und gestresst!“

Er lachte. „Du bist unmöglich. Jetzt hör auf zu diskutieren und fang an, das Gemüse zu schneiden.“

„Ich schneide meine Geduld gleich mit“, murmelte sie leise, nahm aber das Messer.

Er stellte sich hinter sie, legte die Hände locker auf ihre Schultern. „Ruhig. Nicht so verkrampft. Du schneidest wie jemand, der sich verteidigt.“

„Vielleicht verteidige ich mich ja gerade… vor dir.“

„Dann wird das heute ein sehr spannendes Mittagessen.“

Sie grinste schief. „Wenn du mir noch einen Befehl gibst, landet das Messer woanders.“

„Ich liebe es, wenn du drohst. Es macht das Kochen lebendig.“

„Ich koche dir gleich was ganz anderes…“

„Oh, ich zittere schon“, sagte er und hob die Hände spielerisch.

„Du wirst gleich mehr zittern, wenn ich fertig bin.“

Er trat zur Seite, ließ ihr den Platz. „Na los, zeigen wir mal der Welt, dass du mehr kannst als nur frech sein.“

Sie rollte die Augen, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen, während sie die erste Karotte in die Hand nahm.

Jule schnitt die Karotten in sternförmige Stücke.

„Hör auf, am Essen herumzuspielen!“ mahnte Julian streng.

„Ich spiele nicht – ich versuche nur, dem Essen eine liebevolle Note zu verleihen“, entgegnete Jule mit einem leichten Lächeln.

„Hahaha, charmant. Jetzt schneide die Zwiebeln weiter und wirf sie in den Topf“, forderte er sie an.

„Gibt es in diesem Haus denn nichts anderes? Vielleicht eine Suppe? Oder den verdammten Versuch, all dieses seit Ewigkeiten eingemachten Gemüse zu verarbeiten?“

„Beschwer dich nicht, es gibt Menschen, die nicht genug zu essen haben und mit dem auskommen müssen, was sie haben“, erwiderte er scharf, seine Stimme lag nun fester in ihrem Ton.

Jule ließ das Messer kurz in der Luft schweben, ihre Augen funkelten vor Trotz.

„Du siehst immer, dass ich alles anders mache, nur um dir zu gefallen – aber ist das nicht lächerlich? Ich will nicht jeden Tag diesen alten Kram kochen!“

Julian schnaubte.

„Was soll ich denn tun? Soll ich dir jeden Tag den perfekten Gourmet-Service liefern? Manchmal musst du auch lernen, mit dem zufrieden zu sein, was du hast.“

„Ach, du bist so stur!“ erwiderte Jule, während sie die geschnittenen Zwiebeln vorsichtig in den Topf gab.

„Vielleicht bin ich stur, aber wenigstens forderst du mich heraus, über den Tellerrand hinauszusehen. Wenn du schon darauf bestehst, dass ich koche – dann tue ich es eben auf meine Art!“

Er verschränkte die Arme, das Gesicht kurz versteinert, bevor ein Hauch von Zuneigung seine rauen Worte milderte.

„Na gut – zeig mir, dass du es auch ernst meinst. Mach etwas, das nicht nur den Magen, sondern auch das Herz erfreut.“

Jule hob den Blick, ihre Augen glitzerten vor Emotionen.

„Hör zu, vielleicht ist das Essen für dich nur eine Pflicht, aber für mich ist es auch ein Weg, meine Gefühle auszudrücken. Und wenn du das nicht zu schätzen weißt …“

„Dann lerne ich es eben neu zu schätzen“, schnitt Julian ihr fast liebevoll die Worte heraus, während er sich einen Moment der Stille gönnte.

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