Am Abend, um genau 16:46 Uhr, öffnete sich die Haustür. Julian kam nach Hause, nachdem er sein Auto auf dem Stellplatz vor dem Haus geparkt hatte. Er schloss die Tür hinter sich, zog seine Schuhe und seine Jacke aus. Er trug ein graues Halbarmshirt und eine locker sitzende schwarze Hose. Aus der Küche drang Lärm – ungewöhnlich laut für die sonst so ruhigen Nachmittage.
Er hob neugierig eine Augenbraue. Es war das erste Mal seit Einführung ihrer „Haushaltsverfassung“ vor drei Monaten, dass Jule freiwillig die Küche betrat. Leise trat er an die Küchentür und blieb stehen. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, summte und murmelte vor sich hin – hörbar genervt.
„Verdammtes Gemüse… lässt sich nicht schneiden. Hart wie er! Jetzt kommt er gleich wieder mit seinem ‚Wenn ich dich so früh wecke, bedeutet das, dass etwas dahinter steckt‘… Tzzz.“
Julian schmunzelte und konnte sich ein schiefes Lächeln nicht verkneifen. Leise trat er hinter sie, beobachtete für einen Moment ihre schmale Silhouette – klein, zierlich, aber voller Energie. Dann piekste er sie spielerisch mit dem Finger in die Seite.
Sie fuhr erschrocken herum, mit dem Messer noch in der Hand – und erstarrte, als sie sein Gesicht erkannte.
„J-Julian?! Seit wann… stehst du da?“
„Nicht lange“, antwortete er mit ruhiger Stimme. „Was machst du da?“
„Salat!“
„Nur Salat?“
„Entschuldige!!! Ich bin keine Spitzenköchin wie du. Bei meinem Vater gab’s auch nur Salat!“
Er lachte leise. „Beruhig dich, ich hab doch nichts gesagt.“
Mit einer übertriebenen Geste ließ sie alles fallen, ging zum rechten Regal, holte ein paar Cookies heraus und knallte sie auf den Tisch. „Koch du! Dein Essen schmeckt besser. Bist du nicht der Küchenchef hier?“
„Ich hatte gehofft, heute würdest du kochen…“ sagte er grinsend. Dann wurde sein Blick ernster. „Setz dich bitte. Ich möchte mit dir reden.“
Sie stöhnte gespielt genervt, rollte die Augen und setzte sich.
„Willst du mich jetzt tadeln, weil ich verschlafen habe?“
„Das auch… aber es gibt noch etwas anderes.“
Ein kurzer Moment der Stille entstand. Die Luft zwischen ihnen veränderte sich – dichter, ernster. Sie spürte es sofort. Da lag etwas in der Luft, das nicht mehr mit einem Witz oder einer frechen Bemerkung weggelacht werden konnte.
Er drehte den Gasherd langsam und ruhig auf, während er fortfuhr: „Dein Vater hat heute angerufen. Er sagte mir, dass du seit drei Monaten nicht mehr zu deinen Nachhilfestunden gehst. Du hast mir nie erzählt, dass du Nachhilfe hattest?“
„Warum sollte ich dir das erzählen? Du erlaubst mir ja nicht einmal, dir Fragen zu stellen, solange wir zu Hause sind.“
„Das ist etwas anderes als das, worüber du gerade sprichst.“
„Versteh du es, wie du willst. Ich gehe nicht mehr hin, weil es zu weit geworden ist.“
„Ich hätte es gerne von dir erfahren, bevor ich es selbst herausfinde!“
„Finde es doch selbst heraus!“
„Haha, versuchst du mich jetzt absichtlich zu ärgern? Ich habe das schon eine Weile bei dir bemerkt.“
„Ich habe nichts gemacht.“
„Doch, ich merke es.“
„Gut, dann tut mir das leid, Herr Dennis.“
„Haha, was hat das mit Respekt zu tun?“
„Je mehr Privatsphäre, desto öfter ändert sich der Name.“
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