Ep.11

In der Stube des Rudels hing die Spannung greifbar in der Luft, während Arya ihren Sohn mit besorgtem Blick musterte. Das sanfte Licht des Nachmittags fiel durch die Fenster, doch die Stimmung war alles andere als heiter.

„Mein Sohn, wann wirst du deine Frau endlich kennzeichnen?“, fragte sie eindringlich mit einer Dringlichkeit, die man nicht ignorieren konnte.

„Ich will jetzt nicht darüber nachdenken!“, erwiderte Orion, seine Stimme hallte ungeduldig wider. Er fühlte sich unter Druck gesetzt und der Gedanke, eine solch schwerwiegende Entscheidung zu treffen, erschien ihm erdrückend.

„Der Vollmond naht“, beharrte Arya, ihre Sorge wuchs. „Freya könnte zur Zielscheibe für die anderen Wölfe werden. Du musst es bald tun!“

Orion holte tief Luft und versuchte, die Frustration zu unterdrücken, die ihn beherrschte.

„Die Götter wollten, dass ich sie heirate, also habe ich sie geheiratet!“, sagte er mit lauter und emotionsgeladener Stimme. „Aber ich lasse mich nicht dazu zwingen! Ich werde sie nicht kennzeichnen, denn sie ist unbedeutend für mich!“

Die Worte trafen Arya mitten ins Herz. Sie sah ihrem Sohn nach, als er sich entfernte, und ließ sie frustriert und verzweifelt zurück. Die Matriarchin wusste, dass der Schutz und die Harmonie des Rudels von größter Bedeutung waren, doch Orions Gleichgültigkeit gegenüber Freya bereitete ihr Sorgen.

Orion verließ allein den Raum und ging nach draußen, um in der frischen Luft seinen aufgewühlten Geist zu beruhigen.

Währenddessen kehrte Freya nach Hause zurück, ihre Gedanken waren wirr und schwer. Als sie sich kreuzten, hielt sie den Blick auf den Boden gerichtet, ihr Gesicht war eine Mischung aus Entschlossenheit und Unsicherheit. Orion seinerseits sah sie ernst an, doch beide verzichteten darauf, Worte zu wechseln. Das Schweigen sprach lauter als jedes Gespräch es hätte tun können.

Freya betrat das Haus und spürte die Last der Situation auf ihrem Herzen. Orion hingegen ging in Richtung Dorf, vertieft in seine eigenen Gedanken. Die Spannung zwischen ihnen war greifbar, und beide wussten, dass die Zukunft des Rudels und ihr eigenes Leben auf komplexe und vielleicht komplizierte Weise miteinander verwoben waren. Was das Schicksal für sie bereithielt? Nur die Zeit würde es zeigen.

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In dieser stillen Nacht spürte Freya ein leichtes Ziehen in der Magengrube, ein Zeichen dafür, dass sich der Hunger bemerkbar machte. Entschlossen, ihren Appetit zu stillen, stand sie auf und ging in die Küche, um nach etwas Obst zu suchen, das ihre Unruhe lindern könnte.

Als sie den Flur entlangging, ließ sie etwas zögern. Die Tür zu Orions Zimmer stand einen Spaltbreit offen und wie gebannt blieben ihre Blicke im Inneren des Gemachs hängen. Was sie sah, ließ sie erstarren: Orion und Missandre waren zusammen und genossen einen intimen Moment. Er küsste sie leidenschaftlich, seine Hände erkundeten ihren Körper mit einer Wildheit, die ihr einen Kloß im Hals bescherte.

Freyas Herz raste und eine tiefe Angst überkam sie, als sie die Szene vor sich erfasste. In diesem Augenblick, der ihr wie eine Ewigkeit vorkam, bemerkte Orion mit seinen geschärften Sinnen ihre Anwesenheit. Er hörte die beschleunigten Schläge ihres Herzens und roch den vertrauten Duft, der sie umgab. Mit durchdringendem Blick wandte er sich der Tür zu und erblickte sie dort, wie erstarrt und verblüfft.

Erschrocken zögerte Freya nicht. In panischer Angst drehte sie sich um und rannte zurück in ihr Zimmer, wo sie hinter der Tür Schutz suchte, als könnte dies sie vor dem emotionalen Sturm schützen, der sie innerlich auffraß. Ihr Herz schlug noch immer unregelmäßig und ihre Gedanken überschlugen sich. Sie fürchtete, Orion würde ihr folgen und seine Wut an ihr auslassen, weil sie ihn in einem so intimen Moment überrascht hatte. Die Ungewissheit hüllte sie ein und die Angst hielt sie in dieser Nacht wach.

Am nächsten Morgen fiel das sanfte Licht des Morgens durch die Vorhänge in Freyas Zimmer und läutete einen neuen Tag voller Verheißungen und Ungewissheiten ein. Noch immer war sie in ihre wirren Gedanken versunken, als sich die Tür mit einem leisen Quietschen öffnete.

Liana betrat mit ihrer energiegeladenen Art und ihrem strahlenden Lächeln den Raum und brachte den beruhigenden Duft von frischem Obst und Brot mit.

„Guten Morgen, Freya! Wach auf, Schlafmütze!“, rief sie mit ansteckender Fröhlichkeit.

Freya stöhnte leise und zog die Decke über den Kopf, um der Realität zu entfliehen, die sie draußen erwartete. Doch Liana ließ sich nicht beirren. Mit einer flinken Bewegung zog sie die Decke weg und gab den Blick auf Freyas Gesicht frei, das noch immer die Spuren der vergangenen Nacht trug. Ihre Augen waren verschlafen und ihr Gesichtsausdruck wirkte besorgt.

„Komm schon, du kannst dich nicht für immer verkriechen“, sagte ihre Schwägerin mit einem leichten Lachen. „Die Sonne scheint und ich habe ein ganz besonderes Frühstück zubereitet. Wir müssen über unsere Pläne für heute sprechen. Und ich möchte wissen, wie es dir geht.“

Freya zögerte einen Moment lang und erinnerte sich an die Szene vom Vorabend, doch Lianas freundlicher Blick ermutigte sie, aus ihrem Schneckenhaus zu kriechen. Langsam setzte sie sich auf und versuchte, die Traurigkeit zu vertreiben, die noch immer über ihren Gedanken hing. Es war an der Zeit, sich dem Tag zu stellen und vielleicht etwas Klarheit inmitten des Chaos zu finden. Liana hatte immer eine besondere Gabe, Freude und Leichtigkeit zu verbreiten, und Freya wusste, dass sie dies mehr denn je brauchte.

„In Ordnung, ich komme“, erwiderte Freya mit einem schüchternen Lächeln, während sie sich räkelte und aus dem Bett stieg. Mit einem letzten Blick auf ihre Freundin begann sie, sich auf den bevorstehenden Tag vorzubereiten.

Als Freya und Liana am nächsten Morgen durch den Wald gingen und die frische Luft und das Sonnenlicht genossen, das durch die Bäume fiel, umfing sie ein Gefühl der Ruhe. Sie lachten und unterhielten sich über alltägliche Dinge, ohne zu bemerken, dass sie sich immer weiter von zu Hause entfernten.

Plötzlich veränderte sich die Atmosphäre um sie herum. Der Gesang der Vögel verstummte und eine beunruhigende Kälte machte sich in der Luft breit. Freya blieb stehen, sie spürte eine fremde Präsenz, doch die abgelenkte Liana ging weiter. Dann, ohne Vorwarnung, tauchten Männer aus den Schatten der Bäume auf und umzingelten sie mit schnellen und koordinierten Bewegungen.

„Was wollt ihr?“, rief Freya mit pochendem Herzen.

Die Männer antworteten nicht. Mit beängstigender Präzision packten sie die beiden jungen Frauen und zerrten sie vom Weg fort.

Liana spürte, wie die Verwandlung einsetzte, die Energie der Wölfin in ihr erwachte. Ihre Sinne schärften sich und der Schutzinstinkt übernahm die Kontrolle, doch sie wurde mit einem heftigen Schlag auf den Kopf niedergestreckt, bevor sie sich wehren konnte.

Entsetzt versuchte Freya, zu Liana zu rennen, doch sie wurde von einem anderen Mann abgefangen, der sie festhielt. „Nein!“, schrie sie, doch ihr Schrei wurde unterdrückt. Der Mann versetzte ihr einen Schlag auf den Kopf und Dunkelheit hüllte sie ein.

Bewusstlos fielen die beiden Körper zu Boden, während die Männer sie davontrugen. Sie brachten sie hinter die Mauer, die die Wölfe von den gewöhnlichen Menschen trennte. Der Wald, der ihnen einst als Zufluchtsort gedient hatte, war zu einem Labyrinth aus Schatten geworden. Das Schicksal der beiden jungen Frauen war nun ungewiss, fernab vom Schutz ihres Rudels.

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Orion kehrte von einer Mission mit dem Rudel zurück und spürte die Vertrautheit des Waldes und die Ruhe, die ihn stets umgab. Doch als er Arya auf sich zurennen sah, zog sich sein Herz zusammen. Sie war blass und ihre Augen waren vor Verzweiflung geweitet.

„Orion!“, rief sie mit zitternder Stimme. „Freya und Liana sind verschwunden!“

Orions Reaktion erfolgte auf der Stelle. Wildheit überkam ihn und er schloss die Augen, um Freyias Geruch und ihre Herzschläge wahrzunehmen. Doch da war nur Leere, eine Abwesenheit, die ihn beunruhigte. Er schüttelte den Kopf und versuchte zu verstehen, warum er ihre Präsenz nicht spüren konnte.

„Wo waren sie zuletzt?“, fragte Lucky mit fester Stimme und versuchte, inmitten des Chaos die Ruhe zu bewahren.

„Die Omegas haben sie in den Wald gehen sehen“, antwortete Arya, die Angst klang in ihrer Stimme deutlich durch.

In diesem Moment erwachte Orions Beschützerinstinkt. Ohne zu zögern, verwandelte er sich in den wilden schwarzen Wolf, den alle kannten – ein imposantes Wesen, das Stärke und Entschlossenheit ausstrahlte. Mit einem letzten Blick auf Arya stürzte er sich in den Wald, sein geschmeidiger Körper glitt zwischen den Bäumen hindurch.

Die anderen Wölfe des Rudels, angetrieben von Orions Dringlichkeit, folgten ihm und bildeten eine Linie aus Schatten, die durch den Wald schoss. Der Geruch von Erde und zerriebenen Blättern war alles, was sie wahrnehmen konnten, doch der Drang, Freya und Liana zu finden, trieb sie an. Das Rudel wusste, dass die Zeit drängte und sie würden nicht ruhen, bis die beiden jungen Frauen in Sicherheit waren.

Orion führte den Lauf an, seine geschärften Sinne suchten nach jeder Spur, die sie zu ihnen führen könnte.

Freya sah sich um, ihr Herz raste, als die Realität immer deutlicher wurde. Sie befanden sich in einem dunklen, feuchten Raum, schwere Ketten lagen um ihre Handgelenke und Knöchel und machten jeden Fluchtversuch unmöglich. Das kalte Metall schien wie eine Verlängerung der Angst, die sie umfing.

„Liana!“, rief Freya verzweifelt. „Was ist passiert?“

Liana versuchte, sich zu bewegen, doch die Ketten hielten sie fest. „Ich… ich weiß es nicht. Ich war kurz davor, mich zu verwandeln, als mich einer von ihnen schlug.“ Ihre Stimme war voller Frustration und Verzweiflung.

Freya spürte einen Schauer über ihren Rücken laufen. Sie waren isoliert, ohne den Schutz des Rudels, und das Gefühl der Verletzlichkeit war erdrückend. „Wir müssen einen Weg finden, uns zu befreien, bevor sie zurückkommen“, sagte sie und sah sich nach etwas um, das ihnen helfen könnte.

„Wir dürfen nicht aufgeben“, erwiderte Liana, ihr kämpferischer Geist war noch nicht gebrochen. „Wenn wir uns befreien können, finden wir einen Weg zurück in den Wald.“

Freya nickte entschlossen. Sie begannen, die Ketten und ihre Umgebung abzusuchen und versuchten, eine Schwachstelle zu finden, die sie ausnutzen konnten, doch vergebens.

Weit entfernt, im Wald, rannte Orion mit wilder Entschlossenheit. Der Wind pfiff durch die Baumkronen, doch er konzentrierte sich nur auf Freyias Duftspur, die ihn wie ein Fährtenleser leitete. Das Rudel folgte ihm, jeder Einzelne bewegte sich in perfekter Harmonie, der Drang, die beiden jungen Frauen zu finden, pulsierte in ihren Körpern.

Schließlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte er inmitten des Geruchs von Erde und Blättern Freyias Herz schlagen. Der Rhythmus war schnell, was ihn erleichterte, aber auch beunruhigte. Orion roch sie immer stärker und die Verbindung, die sie teilten, führte ihn zu der Mauer, die die Welt der gewöhnlichen Menschen umschloss.

Mit einer schnellen Bewegung steuerte der Alpha auf die Mauer zu. Er wusste, dass er, sobald er dort angekommen war, einen Weg hineinfinden musste. In seinem Kopf schwirrten Strategien herum, doch seine einzige Gewissheit war, dass keine Zeit zu verlieren war.

Als die Wölfe die Mauer erreichten, erwarteten sie bewaffnete Männer, die Wache hielten und jede ihrer Bewegungen mit wachsamen Blicken beobachteten. Entschlossen nahm Orion wieder seine menschliche Gestalt an, seine Muskeln spannen sich unter seiner Haut an, während die Mitglieder seines Rudels es ihm nachtaten und sich ebenfalls zurückverwandelten. Mit wildem und imposantem Blick musterte er die Männer, die, obwohl bis an die Zähne bewaffnet, sichtlich vor ihm zitterten. Die Aura der Macht, die von ihm ausging, war unbestreitbar.

„Wir wollen keinen Krieg!“, rief der Anführer der Männer, doch seine Stimme zitterte und verriet die Angst, die er empfand.

Orion fixierte ihn mit seinen Augen, die Intensität seines Blickes ließ den Mann zögern. Mit vor Wut gebleckten Zähnen fauchte er: „Wo sind sie?“

Der Mann, der den Ernst der Lage erkannte, holte tief Luft, bevor er antwortete. „Sie leben!“, sagte er und die Dringlichkeit war deutlich in seiner Stimme zu hören. „Ich möchte nur, dass ihr mir meine Männer zurückbringt!“

Orion hielt inne und ließ die Worte auf sich wirken. Was er hörte, brachte ihn zum Nachdenken. Er wusste, dass sich einige gewöhnliche Menschen in der Gewalt des Rudels befanden, und der Vorschlag begann Gestalt anzunehmen.

„Wir wissen, dass ihr unsere Männer gefangen haltet. Gebt sie uns zurück und wir übergeben euch die beiden“, rief der Mann, ein Hoffnungsschimmer blitzte in seinen Augen auf.

Noch immer loderte die Wut in Orion, doch die Vernunft begann, über die Impulsivität zu siegen. Er holte tief Luft und versuchte, den Strudel der Emotionen zu beruhigen. „Also gebt sie her!“, befahl er, seine Stimme grollte wie Donner.

„Morgen. Bringt meine Männer her und wir übergeben sie euch!“, sagte der Anführer und ein Anflug von Entschlossenheit breitete sich auf seinem Gesicht aus.

Orion sah Lucky an, der neben ihm stand, und sah die Zustimmung in seinen Augen. Luckys Zuversicht war schon immer eine Quelle der Stärke für das Rudel gewesen und ermutigte ihn, auf den Handel einzugehen.

Er wandte sich wieder dem Mann zu und sagte mit einer Intensität, die die Spannung in der Luft noch verstärkte: „Wenn ihr ihnen auch nur ein Haar krümmt, werde ich euch in Stücke reißen und eure Männer meinen Wölfen zum Fraß vorwerfen.“ Die Wut in seinem Gesicht war unbestreitbar, jedes Wort war mit der Drohung eines düsteren Schicksals verbunden, falls man sein Wort nicht hielt.

Die Männer an den Posten, nun noch bleicher als zuvor, verstanden, dass es hier um weit mehr als nur um eine einfache Vereinbarung ging. Ihre Herzen schlugen vor Angst und Anspannung – das Schicksal von Freya und Liana hing vom Ausgang dieses angespannten Wortgefechts ab.

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