Geliebte Aus Dem Westen

Geliebte Aus Dem Westen

1. {Die langweilige Reise}

Es war Barinas erste Reise mit ihrer Familie ins Ausland. Ihr Ziel war Syrien, wo Verwandte mütterlicherseits lebten, die sie zur Hochzeit ihrer Tochter eingeladen hatten. Die Familie wollte einen Monat dort bleiben.

Nach vierzehn Stunden Reise kamen sie endlich an. Barina schlief tief, als ihr Vater sie in seinen Armen aus dem Auto hob. Am Flughafen warteten drei Männer und eine Frau – ihre Cousins und Cousine –, um die Familie der Tante willkommen zu heißen. Der Älteste von ihnen trug Barina zum Auto, während die anderen beim Gepäck halfen.

Es war bereits elf Uhr abends, als die Familie im Haus das Geräusch der ankommenden Autos hörte. Alle kamen hinaus, um Stefanie und Chris zu begrüßen. Der älteste Cousin trug Barina noch immer in seinen Armen, brachte sie ins Haus und trug sie in den zweiten Stock. Das Haus war riesig – fast wie ein Palast, mit unzähligen Zimmern. Das Zimmer, in das er sie brachte, war liebevoll vorbereitet, schön eingerichtet und ordentlich. Stefanie und Chris waren völlig erschöpft von der Reise, also bat Eves ältere Schwester sie, sich auszuruhen, während ihre Tochter Kelly ihnen das Gästezimmer zeigte – es lag auf der linken Seite, direkt neben dem von Barina.

Am nächsten Morgen, gegen neun Uhr, wachte Barina müde auf. Sie rieb sich die Augen und vergaß dabei, dass sie noch Mascara vom Vortag trug. Eine Weile blieb sie einfach liegen, betrachtete das Zimmer und entdeckte drei Türen. Die erste war die Ausgangstür. Die zweite lag rechts von ihr, etwas weiter entfernt. Die dritte befand sich links. Sie öffnete sie – und war überrascht: Diese Tür führte direkt ins Nachbarzimmer, doch das sah völlig anders aus. Alles war schwarz – Kissen, Decke, Wände, selbst der Kleiderschrank. „Was hat dieses Wesen dem Licht oder den Farben gelassen?“, dachte sie spöttisch.

Plötzlich betrat ein großer junger Mann den Raum. Sein Haar war dunkelbraun, fast schwarz, seine Augen leuchteten ozeanblau. Er trug – zum wievielten Mal wohl? – Schwarz: ein Hemd und eine Hose. Seine Haut hatte einen warmen, oliven Ton. Ohne jede Vorwarnung schrie Barina laut auf. Ihr Schrei hallte durchs ganze Haus, und alle stürmten erschrocken nach oben – auch ihre Eltern.

Ihre Tante, ihre Cousins und andere Familienmitglieder kamen ins Zimmer. Stefanie, völlig aufgelöst, rief:

„Was ist passiert? Bist du verletzt?“

Barina blickte zur Tür. Der Mann stand noch immer da. Dann machte er einen Schritt und betrat ihr Zimmer, offenbar um mit seiner Mutter zu sprechen – sie war die Schwester von Eves Ehemann. Doch Chris unterbrach ihn aufgebracht:

„Wer ist dieser Mann? Was macht er im Zimmer meiner Tochter?“

Metin wirkte verwundert, dass alle Deutsch sprachen. Obwohl Stefanie Deutsche war, hatte sie zu Hause kaum je Deutsch gesprochen. Er wandte sich an seine Mutter, sprach nun Arabisch:

„Mama, warum habt ihr die Tür nicht abgeschlossen? Und wer ist das? Sie ist einfach in mein Zimmer gekommen!“

Seine Mutter Dalia erwiderte ruhig:

„Der Schlüssel ist verloren gegangen. Das ist deine Cousine Barina. Sie ist gestern angekommen. Sei freundlich zu ihr.“

Metin schaute sie an, grinste schräg und sagte:

„Die hier? Kümmert euch um sie. Ihre Augen scheinen jedenfalls nicht in Ordnung zu sein.“

Sidra trat vor, betrachtete Barinas Gesicht und sagte auf Deutsch:

„Das ist nur Mascara.“

Barina, verwirrt und genervt, antwortete:

„Warum redet ihr so? Ich verstehe kein Wort! Und was soll mit meiner Mascara sein?“

Sie eilte zum Spiegel an der Wand.

„Aaaah! Wie sehe ich denn aus? Warum hat mir niemand etwas gesagt?!“

Eve hob beruhigend die Stimme und sprach nun alle an:

„Alles in Ordnung, Leute. Das Missverständnis ist geklärt. Lasst Barina sich umziehen und ein bisschen zur Ruhe kommen. Das Frühstück ist fertig – runter mit euch!“

Alle verließen das Zimmer. Nur Metin blieb einen Moment stehen, sah sie wütend an und sagte, in der Annahme, sie verstehe Arabisch wie seine Cousins:

„Verdammt. Tritt nicht nochmal in mein Zimmer – auch wenn es kein Schloss hat!“

Dann ging er zurück durch die Tür und schloss sie hinter sich.

Barina verstand kein Wort, aber sie wusste genau: Er war wütend.

„Was für ein arroganter Typ! Nicht einmal ein ‘Willkommen’.“

Beim Frühstück saßen schon alle versammelt am Tisch. Als Barina herunterkam, blieb sie wie angewurzelt stehen.

„Mein Gott… was ist das für ein Riesentisch? Ich dreh durch. Ein Palast, groß genug für eine Villa – und ein Esstisch für, was weiß ich, dreißig Leute? Was kommt als Nächstes?“

Alle schauten sie überrascht an – nicht nur wegen ihrer Worte, sondern auch wegen ihres auffälligen Outfits: ein kurzes Top, das ihren Bauch zeigte, eine enge Hose, schwarze hohe Stiefel und leicht gewelltes Haar. Einige der Jungs konnten den Blick kaum abwenden – außer Metin natürlich, der Typ, mit dem sie sich direkt nach dem Aufwachen gestritten hatte.

Sie setzte sich zwischen ihre Mutter und – natürlich – Metin.

Sie wandte sich ihm zu, flüsterte auf Englisch:

„Good morning, you arrogant guy.“

Er drehte sich langsam zu ihr um, blickte sie ohne ein Lächeln an – doch ihr Duft war wie ein stiller Sturm, der leise durch den Raum wehte und schließlich sein Herz traf.

Er antwortete knapp – auf Englisch:

„Good morning.“

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