Feuer Und Flamme
Ich werde kündigen.
Kate
Oil & Gas, Sie sprechen mit Kate.
Lance
Hallo Katie-Girl, irgendwelche Feuer, die ich löschen muss?
Kate
Hi Lance, wie war es in Washington DC?
Mein Chef war alles, was ich mir von einem Mann erträumte, zu meinem großen Bedauern hatte er allerdings nie mehr in mir als seine höchst zuverlässige persönliche Assistentin gesehen. Das war natürlich toll – wirklich. Schließlich war es auch das, wofür ich bezahlt wurde.
Ich hatte bei Oil & Gas angefangen, kurz nachdem Lance und sein Bruder Mitch die erfolglose Firma vor fünf Jahren übernommen hatten. Mittlerweile war es den beiden Brüdern gelungen, das Ruder herumzureißen und sogar Mitglieder des berühmten und angesehenen Texas Club zu werden.
Lance
In Washington war es heiß, und die Konferenzen waren endlos lang. Gibt es neue Nachrichten für mich?
Kate
Ja, zwei. Sie sind zwar nicht besonders dringend, aber vielleicht möchten Sie sich ja trotzdem darum kümmern, bevor Sie wieder im Büro sind. Sebastian wollte etwas mit Ihnen wegen des TCC Geschäftes besprechen. Brauchen Sie seine Nummer?
Lance
Nein, die habe ich. Und die andere Nachricht?
Kate
Die ist von einer gewissen Lexi. Mit dem Namen wusste ich nichts anzufangen, aber sie möchte, dass Sie sich bei ihr melden, sobald Sie wieder gelandet sind.
Lance
Das ist meine Verlobte.
Ich hörte zwar, dass Lance weitersprach, verstand aber nicht, was er sagte, weil es in meinen Ohren so laut rauschte. Seit Jahren war ich heimlich in diesen Mann verliebt, und jetzt fiel ihm nichts Besseres ein, als sich mit einer Frau zu verloben, deren Namen ich nie zuvor gehört hatte!
Lance
Katie-Girl, sind Sie noch da?
Kate
Ja. Klar bin ich noch da. Das waren alle Nachrichten. Wann werden Sie im Büro sein?
Lance
Ich bin schon auf dem Weg, aber der Verkehr auf der 45 ist ziemlich dicht. Eine Sache noch ...
Bitte mach, dass er mich nicht darum bittet, seine Verlobungsfeier zu organisieren.
Lance
Rufen Sie noch mal bei dem Caterer wegen des Barbecues am vierten Juli an? Wir wollen doch nicht, dass ausgerechnet am Unabhängigkeitstag irgendwas schiefgeht. Diese Party soll ein noch größerer Erfolg werden als die vom letzten Jahr.
Kate
Kein Problem. Da ist jemand in der anderen Leitung.
Lance
Okay, bis später dann.
Nachdem ich aufgelegt hatte, starrte ich auf den Computermonitor. Mein Hintergrundbild war ein Foto, das mich, Lance und Mitch zeigte. Es war im Februar aufgenommen worden, unmittelbar nachdem die beiden Brüder von ihrer Aufnahme in den Millionärsclub erfahren hatten. Ich hatte eine Flasche Champagner gekauft, und wir hatten gemeinsam auf den Erfolg der Beiden angestoßen.
Damals war es in Ordnung gewesen, dass Lance und Mitch in mir lediglich ihre Assistentin gesehen hatten. Im Stillen hatte ich allerdings gehofft, dass Lance eines Tages meine weibliche Seite, die ich hinter den weiten Pullovern verbarg, entdecken würde.
Leider war das aber nie passiert.
Ich strich über Lance’ Gesicht auf dem Monitor und versuchte mir einzureden, dass es okay war, dass er demnächst heiraten würde. Dass ich hier im Büro bleibe und weiterhin für die Liebe meines Lebens arbeiten würde, während Lance sein eigenes Leben mit einer anderen Frau führte.
Es gab nur einen einzigen Ausweg: Ich muss meinen Job bei Oil & Gas kündigen.
Als Lance sein Büro betrat, warf ich ihm einen flüchtigen Blick zu. Seltsamerweise sah mein Begrüßungslächeln heute nicht ganz so herzlich wie sonst aus.
Kate
Willkommen daheim, Lance. Steve aus der Finanzabteilung möchte Sie heute irgendwann einmal kurz sprechen. Ich habe ihm gesagt, dass ich Sie erst fragen würde.
Lance
Kein Problem. Ich habe diesen Nachmittag keinen Termin.
Kate
Gut, dann kümmere ich mich darum.
Lance
Noch irgendwas, was ich wissen sollte?
Kate
Haben Sie gehört, was ich eben gesagt habe?
Lance
Nein. Ich bin in Gedanken noch bei der Reise gewesen.
Ich biss mir auf die Lippen und senkte den Blick.
Lance
Was ist denn, Katie-Girl, liegt Ihnen was auf dem Herzen?
Kate
Ja. Kann ich ein paar Minuten mit Ihnen in Ihrem Büro sprechen?
Lance
Klar. Wann? Jetzt gleich?
Kate
Ja, je früher, desto besser, denke ich.
Ich stand auf und nahm noch etwas aus dem Drucker, bevor ich vor ihm in sein Büro ging.
Ich war schon viele Male in Lance’ Büro gewesen, doch heute war ich nervös und fühlte mich unbehaglich. Ich war fest entschlossen zu kündigen.
Na ja, so ganz stimmte das nicht, denn eigentlich schwankte ich zwischen der Entscheidung, wirklich ein für alle Mal zu gehen und der Möglichkeit, doch zu bleiben, um Lance wenigstens weiterhin so wie bisher jeden Tag sehen zu können.
Lance
Worüber wollen Sie denn reden?
Er stand lässig und sah einfach nur perfekt aus.
Für eine Weile starrte ich ihn nur wortlos an. Wie sollte ich jemals über ihn hinwegkommen?
Kate
Ich habe über meinen Job nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich … dass ich mir eine neue Herausforderung außerhalb von Oil & Gas suchen sollte.
Lance
Was? Warum ausgerechnet jetzt? Wir brauchen Sie, Katie-Girl!
Katie-Girl … Wenn er mich so nannte, kam ich mir wie eine Fünfjährige vor. Was für ein alberner Spitzname. Aber das hatte ich mir selbst zuzuschreiben. Schließlich hatte ich mich nie dagegen gewehrt, dass er mich so nannte. Stattdessen hatte ich mich damit zufriedengegeben, auf diese Weise wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit vom Mann meiner Träume zu bekommen.
Kate
Das ist es ja gerade, Lance. Sie brauchen mich nicht wirklich. Als Sie mich eingestellt haben, ja, das war etwas anderes. Jetzt könnte meine Arbeit von jedem qualifizierten Büroleiter übernommen werden. Das wissen Sie genauso gut wie ich.
Lance
Das war aber schon die letzten zwei Jahre der Fall. Warum wollen Sie uns ausgerechnet jetzt verlassen?
Kate
Es scheint einfach eine gute Gelegenheit zu sein, sich zu verändern. Hier läuft alles bestens, Sie sind verlobt, und Mitch verbringt immer mehr Zeit in Washington. Jemand Neuem wird es nicht besonders schwerfallen, sich hier einzugewöhnen.
Lance
Was ist los, Katie? Habe ich irgendwas falsch gemacht?
Kate
Nein, natürlich nicht. Es liegt an mir, Lance. Ich bin hier schon so lange, weil es so bequem für mich ist. Aber so kann man sich beruflich einfach nicht weiterentwickeln.
Lance
Darum geht es also? Das ist doch kein Problem, dann befördern wir Sie einfach.
Kate
Vielen Dank für das Angebot, aber ich kann es nicht annehmen. Es ist endlich an der Zeit für mich, mir eine neue Herausforderung zu suchen.
Natürlich war ich versucht, zu allem, was Lance vorschlug, Ja und Amen zu sagen – aber ich darf nicht vergessen, dass er bald ein verheirateter Mann sein würde. Wenn ich dann immer noch hier war … das wäre das Dümmste, was ich tun konnte.
Lance
Bleiben Sie wenigstens so lange, bis ich eine Nachfolgerin für Sie habe?
Kate
Natürlich, keine Frage.
Lance
Danke, dass Sie das machen.
Kate
Hier ist übrigens meine Kündigung. Ich bin dann wieder an meinem Schreibtisch, falls noch irgendwas sein sollte.
Ich bin mehr als nur eine Sekretärin
Als ich mch umdrehte, um das Büro zu verlassen, kam ich mir vor, als würde ich davonrennen. Vielleicht sollte ich doch bei Oil & Gas bleiben und versuchen, das Verhältnis zwischen mir und Lance zu ändern. Aber wie sollte ich das bloß anstellen?
Nachdem Lance mir von der Verlobung mit Lexi erzählt hatte, hatte ich den Namen gegoogelt und einiges über sie herausgefunden. Mit einer Frau wie Lexi würde ich es niemals aufnehmen können.
Lance
Ich hätte gerne eine Torte anlässlich meiner Verlobung mit Lexi bei unserem Fest am Unabhängigkeitstag. Könnten Sie bei einem Konditor eine in Auftrag geben?
Spätestens jetzt gab es keinen Zweifel mehr: Es war wirklich an der Zeit, Oil & Gas zu verlassen. Plötzlich fiel mir auf, dass ich mich mit Lance noch gar nicht weiter über meine Kündigung unterhalten hatte.
Kate
Ich bleibe noch zwei Wochen, okay?
Lance
Aber vielleicht dauert es länger, bis ich einen Ersatz für Sie gefunden habe.
Kate
Ich werde versuchen, innerhalb der nächsten zwei Wochen jemanden zu finden.
Lance
Habe ich Sie irgendwie verärgert, Katie? Sie wissen doch, manchmal verhalte ich mich wie ein ungehobelter Klotz.
Mühsam widerstand ich der Versuchung, erneut seinem jungenhaften Charme zu erliegen, den er so mühelos hervorzaubern konnte, wenn er ihn brauchte. Das war es doch gerade, was ich an ihm so sehr mochte: Er hatte Ecken und Kanten und war nicht so ein durchgestylter Businesstyp wie sein jüngerer Bruder Mitch. Deshalb hatte ich mich in ihn verliebt.
Lance hatte sich nicht einmal besonders anstrengen müssen, um bei mir zu landen. Jetzt wurde mir allerdings schlagartig klar, dass er diesen Charme immer dann einsetzte, wenn es ihm nutzte.
Es gehörte zu dem ausgebufften Millionär, genauso wie seine Tausend-Dollar-Stiefel und die Millionenvilla, die er besaß. Es schien fast so etwas wie eine Strategie zu sein.
Kate
Nein, Lance. Sie haben nichts anderes gemacht, als mich wie Ihre Sekretärin zu behandeln.
Lance
Ist das ein Problem für Sie?
Kate
Überhaupt nicht. Aber das ist alles, was ich für Sie bin, und ich möchte nun mal mehr.
Mit diesen Worten verließ ich das Büro und zog die Tür hinter mir ins Schloss. Eigentlich hätte ich den ganzen Tag in der Firma bleiben müssen, aber ich hielt es nicht mehr aus, ich musste raus, weg von diesem Ort. Es war mir auch egal, dass ich wie ein Feigling wirkte, der davonlief. Unten auf dem Parkplatz klappte ich das Verdeck meines Roadsters nach unten, um herauszufahren und Oil & Gas hinter mir zu lassen. Ich wünschte nur, ich könnte ebenso einfach meine Gefühle für Lance im aufwirbelnden Staub hinter mir zurücklassen.
Mir verschlug es die Sprache, weil Kate nicht einfach nur aus meinem Büro gegangen war, sondern gleich auch noch das Firmengebäude verlassen hatte. Irgendetwas war mir wohl entgangen – nur was? Was hatte sie damit gemeint, mehr sein zu wollen als meine Sekrtärin?
Ich wollte ihr folgen, wusste jedoch nicht, wohin sie gefahren sein könnte. Normalerweise war Kate immer schon im Büro, wenn ich morgens kam und blieb, bis ich wieder nach Hause fuhr. Wie sollte ich bloß ohne sie zurechtkommen? Kate war mehr als nur meine Sekretärin – in meinem Büro war sie die wichtigste Person, sie war es, die dafür sorgte, das alles in geregelten Bahnen verlief – Mich mit eingeschlossen.
Auf meinem Telefon drückte ich die Kurzwahltaste mit Kates Handynummer.
Kate
Ich kann jetzt nicht reden, Lance.
Lance
Dann fahren Sie an den Straßenrand und benutzen Sie das Headset, das ich Ihnen gegeben habe. Sie können doch nicht einfach so wegfahren und dann erwarten, dass ich mich damit abfinde.
Kate
Worüber möchten Sie mit mir reden?
Lance
Darüber, wie Sie eben von hier geflohen sind.
Kate
Es tut mir wirklich leid. Das war nicht sehr professionell, aber ich hätte heute sowieso nichts mehr auf die Reihe bekommen.
Lance
Okay, das versteh ich. Wollen Sie mir nicht erzählen, was mit Ihnen los ist?
Kate
Nein. Für Sie wäre es nur unangenehm, und ich würde mir vollkommen idiotisch vorkommen.
Lance
Kate, wenn ich irgendetwas gemacht haben sollte, bitte, sagen Sie’s einfach. Ich entschuldige mich, und wir können wieder weitermachen wie bisher.
Kate
Nein, das können wir bestimmt nicht.
Ich wünschte, sie würde mir jetzt hier gegenübersitzen, sodass ich ihren Gesichtsausdruck sehen könnte. Kate hatte die ausdrucksvollsten Augen, die ich je bei einer Frau gesehen hatte.
Lance
Ach, das können Sie doch gar nicht wissen, bevor wir miteinander geredet haben.
Lance
Wo sind Sie jetzt gerade?
Lance
Fahren Sie zu Ihren Eltern?
Kate
Ja, wahrscheinlich schon. Um ehrlich zu sein, seitdem ich aus der Firma raus bin, bin ich einfach nur gefahren, ohne richtig zu wissen, wohin.
Kate
Bitte nennen Sie mich nicht so, Lance. Das hört sich so an, als wäre zwischen uns mehr als die Beziehung zwischen Chef und Sekretärin. Aber das ist nicht so.
Lance
Aber wir haben doch eine Beziehung, Kate – wir sind Freunde, und das schon seit vielen Jahren.
Kate
Sind wir denn wirklich Freunde?
Lance
Natürlich! Wir sind sogar mehr als Freunde – Sie gehören zu Mitchs und meiner Familie. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was mein Bruder und ich ohne Sie machen sollen, Kate.
Kate
Ich möchte nicht mehr darüber sprechen, Lance. Wahrscheinlich sieht es aus, als ob … wie sieht es denn Ihrer Meinung nach aus?
Lance
Es sieht danach aus, als ob Sie wegen etwas, was ich gesagt habe, verärgert sind. Hören Sie, Kate, was immer es auch ist, ich werde es wieder geradebiegen. Das wissen Sie doch.
Kate
Nein, dieses Mal nicht.
Lance
Kate, nennen Sie mir ein Problem, das ich bisher nicht aus der Welt geschafft habe!
Kate
Ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen darüber reden kann. Es ist mir peinlich, dass Sie eine so große Sache daraus machen.
Was mir zuerst an Kate aufgefallen war, war ihre Stimme, die immer sanft und angenehm klang – selbst, wenn sie wütend wurde. Was allerdings nur sehr selten vorkam.
Lance
Warum kommen Sie nicht in die Firma zurück, und wir reden über alles?
Kate
Das können wir auch morgen noch machen. Ich muss erst einmal eine Nacht darüber schlafen, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen.
Mir war klar, dass ich so schnell wie möglich mit Kate über ihr Problem sprechen musste. Sie würde problemlos einen anderen Job bekommen, in dem sie genauso viel verdiente wie bei Oil & Gas – aber ich brauchte sie.
Lance
Kate, könnten Sie eine Minute warten?
Lance
Ich muss einen Anruf von der Zweigstelle entgegennehmen.
Ich legte sie in die Warteschleife und nahm den anderen Anruf an.
Frank
Es brennt und ich glaube, Sie sollten so schnell wie möglich hierherkommen.
Lance
Haben Sie schon die Feuerwehr gerufen?
Frank
Gleich als Erstes. Aber so einen Brand wie den hier hatten wir noch nie.
Lance
Ich stecke hier gerade mitten in einem anderen Notfall.
Frank
Das Feuer hat großen Schaden angerichtet. Und ich habe mitbekommen, dass die Sachverständigen glauben, dass es vielleicht keine natürliche Brandursache war.
Lance
Versuchen Sie, so viel wie möglich herauszufinden, Frank. Ich rufe in etwa fünfzehn Minuten wieder an.
Besorgt rieb ich mir den Nacken. Der Hurrikan im vergangenen Jahr hatte es mir schon schwer genug zugesetzt. Da konnte ich weitere Schäden durch das Feuer wirklich nicht gebrauchen.
Kate musste jetzt unbedingt wieder zurück auf ihren Posten – sie würde mir dabei helfen, das Chaos wieder zu bereinigen. Die Presse musste benachrichtigt werden, außerdem die Familien der Arbeiter und die Versicherungsgesellschaft. Aber Kate war nicht mehr in der Leitung. Offenbar hatte sie einfach aufgelegt.
Der Tag lief bis jetzt richtig bescheiden.
Imagewechsel
Während ich am Telefon darauf wartete, dass Lance wieder mit mir sprach, wurde mir plötzlich klar, dass ich in meinem Leben schon zu viel Zeit mit Warten verbracht hatte. Lance war verlobt – und nichts, was er sagen oder tun konnte, würde mich dazu bringen, weiterhin bei Oil & Gas zu bleiben. Also legte ich auf und fuhr weiter. Zwar war es bestimmt nicht die beste aller Ideen, meine Familie zu besuchen. Meine Mutter würde wieder predigen, dass es kein Wunder war, dass ich noch immer Single war, wenn ich mich nicht schminkte und immer in diesen weiten Sachen herumlief. Wollte ich mir das wirklich antun?
Ich brauchte jetzt einen guten Rat – und den würde ich sicher bei meiner besten Freundin Becca bekommen. Becca würde mich bedauern und in meiner Entscheidung bestärken. Oder?
Ich wählte die Nummer von Beccas Laden, der den bezeichnenden Namen "Sweet" trug.
Kate
Becca, ich bin’s, Kate.
Becca
Hallo! Wie läuft es so in der großen Stadt?
Kate
Lance hat sich verlobt.
Becca
Oh, Schätzchen. Das tut mir ja so leid. Ich habe gar nicht gewusst, dass er sich regelmäßig mit jemandem trifft.
Kate
Das hat er auch nicht.
Becca
Bist du wirklich sicher, dass er verlobt ist? Lance scheint mir eigentlich nicht der Typ Mann zu sein, der sich so leichtfertig in eine Beziehung stürzt.
Das stimmte – Lance war weder leichtfertig noch hatte er sich jemals auf eine ernsthafte Beziehung mit einer seiner zahlreichen Affären eingelassen. Bisher jedenfalls nicht.
Becca
Etwa die Tochter vom Senator?
Becca
Macht er das vielleicht aus politischen Gründen?
Kate
Ich weiß es nicht. Und es interessiert mich auch nicht mehr. Ich habe heute gekündigt.
Becca
Was hast du gemacht?
Kate
Hätte ich das lieber nicht machen sollen? Ich bin so verwirrt, ich weiß einfach nicht mehr weiter.
Becca
Vielleicht war es nicht ganz so schlau. Du hast immerhin die ganze Zeit für ihn geschwärmt.
Kate
Es ist mehr als das – ich liebe ihn.
Zum ersten Mal hatte ich diese Worte laut ausgesprochen. Doch jetzt war es offensichtlich zu spät dafür.
Kate
Ihm ist noch nicht einmal aufgefallen, dass ich eine Frau bin.
Becca
Das lässt sich ändern.
Becca
Komm zu mir in den Laden, und ich verpasse dir einen Imagewechsel.
Kate
Glaubst du, das ist so eine gute Idee? Weißt du noch, was beim letzten Mal passiert ist, als wir das versucht haben?
Ich hatte mich mit dem Make-up und den Klamotten, die Becca mir empfohlen hatte, so unwohl gefühlt, dass ich geradewegs nach Hause gefahren war, um das Zeug wieder loszuwerden. Meine alten Sachen waren immer so eine Art Schutzschild gewesen. Aber vielleicht war genau das der Fehler?
Kate
Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.
Becca
Das kannst nur du allein entscheiden. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mir eine neue Frisur verpassen lassen und ein paar neue Klamotten kaufen – und dann nach einer neuen großen Liebe Ausschau halten.
Kate
Ich muss aber noch zwei Wochen für Lance arbeiten.
Kate
Na, ich konnte wohl schlecht kündigen und alles stehen und liegen lassen, oder?
Becca
Um so besser. Dann kannst du als Traumfrau im Büro aufkreuzen und danach einfach gehen. Das ist gut für dein Selbstwertgefühl, glaub mir.
Würde ich mich wirklich besser fühlen, wenn ich zu Oil & Gas zurückkehre und mehr wie eine Frau und weniger wie die unscheinbare Assistentin aussah?
Kate
Okay, ich komm rüber zu dir in den Laden.
Becca
Schön, dann reden wir, wenn du hier bist. Ich stell schon mal den Weißwein kalt.
Kate
Dafür, dass du da bist. Mir zuhörst. Und nicht denkst, dass ich total verrückt bin.
Becca
Warum sollte ich das? Ich war auch schon mal verliebt und weiß, wie das ist.
Kate
Ich aber nicht. Lance ist der erste Mann, für den ich so fühle.
Becca
Und in der Highschool? Warst du denn da nie verliebt?
Kate
Ein, zwei Typen habe ich natürlich auch schon mal angehimmelt.
Kate
Aber das war was anderes. Frag mich nicht, warum, aber Lance war für mich schon immer jemand Besonderes.
Becca
Das weiß ich – ich habe noch nie jemanden so viel über einen anderen Menschen reden hören wie dich.
Kate
Gott, bin ich etwa eine Nervensäge?
Als Becca laut loslachte, musste ich lächeln.
Becca
Quatsch, du bist keine Nervensäge – du bist verliebt. Es tut mir leid, dass er nicht der Mann zu sein scheint, für den du ihn gehalten hast.
Kate
Na ja, vielleicht ist er doch der Mann, aber eben nicht für mich.
Kate
In etwa zwanzig Minuten. Ich bin einfach Hals über Kopf von der Arbeit weg, ohne etwas zu sagen.
Becca
Das hört sich ganz danach an, dass du jetzt für Neues offen bist.
Kate
Wie kommst du darauf?
Becca
Weil du endlich mal rebellierst.
Kate
Ich glaube, du hast recht. Vielleicht hat Lance’ Verlobung ja auch was Gutes für mich.
Becca
Da würde ich drauf wetten. Auch wenn es hart ist, dass deine Liebe unerwidert bleibt, aber danach wirst du stärker sein.
Nachdem ich aufgelegt hatte, fuhr ich weiter Richtung Sweet, ohne an Lance oder Oil & Gas zu denken. Stattdessen konzentrierte ich mich auf mich selbst und die neue Frau, die ich im Begriff war zu werden. Es war allerhöchste Zeit, dass ich mich endlich änderte.
Die Luft in der Zweigstelle war heiß und hing voller Rauch. Es dauerte fast drei Stunden, bis die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle bekommen hatte. Frank war damit beschäftigt, die Lokalpresse zu informieren, und ich hinterließ meinem Bruder eine Nachricht auf seiner Mailbox.
Danach wandte ich mich an Frank.
Frank
Wir haben vier Verletzte.
Lance
Haben Sie bereits die Angehörigen informiert?
Frank
Natürlich. Sie sind jetzt im Krankenhaus in der Notaufnahme. JP hat mit den Angehörigen geredet und ihnen zugesagt, dass es keine Probleme mit der Krankenversicherung und so weiter geben wird. Außerdem soll er mich auf dem Laufenden darüber halten, wie es unseren Männern geht.
Lance
Gut. Kann man schon etwas darüber sagen, ob wir den Betrieb einstellen müssen?
Frank
Wir wissen erst mehr, wenn wir mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr gesprochen haben.
Lance
Und wann wird das sein?
Lance
Haben Sie die Ölzufuhr zur Zweigstelle unterbrochen?
Frank
Das war das Erste, was wir gemacht haben. Wir haben uns ganz genau an das Notfallprotokoll gehalten. Ich glaube, Sie sollten ein paar Belobigungen aussprechen: Ein paar der Leute haben sich mächtig ins Zeug gelegt und tüchtig angepackt – mehr, als sie eigentlich hätten machen müssen.
Lance
Okay, das ist toll. Geben Sie mir am besten eine Namensliste.
Mein Handy klingelte. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass es Mitch war.
Lance
Wir haben ein Feuer hier in der Zweigstelle.
Mitch
Sind alle okay? Wie schlimm ist der Schaden?
Lance
Glaubst du, dass der Senator uns jetzt nicht mehr die zusätzlichen Bohrgenehmigungen erteilen wird?
Mitch
Nicht, wenn ich ein Wörtchen mitzureden habe. Ich fahre gleich in sein Büro.
Lance
Ich bekomm das hier schon in den Griff.
Lance
Nachher gebe ich eine Pressekonferenz, um der Öffentlichkeit zu versichern, dass alles wieder läuft und wir immer noch im Geschäft sind.
Mitch
Klingt gut. Ich melde mich wieder bei dir, sobald ich mit dem Senator gesprochen habe.
Nachdem ich aufgelegt hatte, überlegte ich, was ich noch tun konnte. Die Angestellten hatten sich auf einer Seite des Gebäudes versammelt und warteten gespannt auf Neuigkeiten. Falls die Zweigstelle, die täglich 67.000 Öl förderte, die Pforten schließen musste, würden all diese Leute ihre Arbeit verlieren. Ihre Gewinnbeteiligung könnten sie auch vergessen.
Ich wählte Kates Nummer. In solchen Notfällen waren bei ihr immer alle Informationen zusammengelaufen und von ihr weitergeleitet worden, wenn ich nicht im Büro sein konnte. Doch sie hatte die Mailbox ihres Handys eingeschaltet, und mir wurde plötzlich bewusst, dass sie es anscheinend ernst damit meinte, die Firma zu verlassen.
Lance
Hier ist Lance. Kate, ich brauche Ihre Hilfe. Wir hatten ein Feuer in der Zweigstelle. Rufen Sie zurück, sobald Sie diese Nachricht bekommen.
Kate war die Einzige meiner Büromitarbeiter, der ich zutraute, bei dem Chaos, das durch den Brand ausgebrochen war, die Ruhe zu bewahren und umsichtig und effizient wie immer zu arbeiten. Vermutlich war es langsam an der Zeit, sich Gedanken darüberzumachen, wie ich in Zukunft ohne Kates Hilfe auskommen sollte. Ich rief den Leiter meiner Finanzabteilung an und bat ihn, jede freie Sekretärin als Aushilfe zur Verfügung zu stellen. Anschließend verfasste ich ein kurzes Memo auf meinem BlackBerry und schickte es an alle Mitarbeiter. Ich brachte meine Angestellten auf den neuesten Stand und teilte ihnen mit, dass lediglich ich selbst befugt war, mit den Medienvertretern zu sprechen.
Frank, der beim Brandmeister stand, winkte mich zu sich herüber.
Frank
Lance, das hier ist Chief Ingle.
Lance
Danke, dass Sie das Feuer so schnell in den Griff bekommen und das Schlimmste verhindert haben.
Ingle
Gern geschehen – ist ja schließlich unser Job.
Lance
Klar, trotzdem bin ich Ihnen dankbar. Gibt es neue Erkenntnisse?
Ingle
Zuerst sind wir davon ausgegangen, dass eine Explosion die Ursache für das Feuer gewesen sein könnte. Aber die Männer, die sich in der Nähe der Stelle befanden, an der das Feuer ausgebrochen ist, haben nichts Verdächtiges gehört.
Lance
Merkwürdig. Wie könnte es denn sonst entstanden sein?
Ingle
Ich habe bereits unser Ermittlerteam damit beauftragt, eine umfassende Untersuchung des Geländes vorzunehmen. Aber einer unserer Männer glaubt, Kanister mit Brandbeschleuniger gesehen zu haben.
Lance
Was für einen Brandbeschleuniger?
Ingle
Bis jetzt wissen wir noch nichts Genaues, ich wollte Ihnen nur mitteilen, was wir im Augenblick vermuten. Ich habe unserem Mitarbeiter, der sich mit vermuteten Fällen von Brandstiftung beschäftigt und seinem Team Bescheid gegeben – die Männer müssten bald hier eintreffen.
Lance
Okay. Dann muss ich die Versicherungsgesellschaft darüber informieren. Die wollen sicher mit Ihren Experten zusammenarbeiten.
Ingle
Ja, das machen die immer so.
Irgendwie kommen mir da Zweifel auf.
Lance
Ist es in Ordnung, wenn ich ein eigenes Sicherheitsteam zusammenstelle, das an der Ermittlung teilnimmt?
Ingle
Eigentlich sehen wir es lieber, wenn sich nicht noch mehr Leute an den Untersuchungen beteiligen.
Lance
Eine Person steht Ihnen bestimmt nicht im Weg.
Ingle
Okay, aber nur eine Person, kein anderer.
Lance
Wann können wir die Produktion wieder aufnehmen?
Ingle
Ich brauche wenigstens vierundzwanzig Stunden, bevor ich Ihnen mit einem guten Gewissen grünes Licht geben kann. Wenn die Untersuchungen sich schwieriger als erwartet gestalten sollten, sogar noch länger.
Lance
Frank, sagen Sie den Arbeitern, dass sie sich in fünfzehn Minuten auf dem Parkplatz versammeln sollen. Richten Sie auch eine Hotline ein, bei der sie sich erkundigen können, wann sie wieder zur Arbeit kommen sollen, und geben Sie diese Nummer bekannt.
Frank
Bin schon auf dem Weg.
Ich wählte die Nummer meines besten Freundes Darius – doch auch bei ihm erreichte ich nur die Mailbox. Mit wenigen Worten schilderte ich, was geschehen war und bat Darius, so schnell wie möglich zur Zweugstelle zu kommen, um bei der Untersuchung zu helfen. Wenn jetzt noch Kate wieder da wäre, hätte ich das beste Team zur Verfügung, das man sich in so einer Situation wünschen konnte. Erneut griff ich zum Telefon...
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