"Gelegentlich wissen wir auch ein Schlückchen Blut zu schätzen", fuhr Mum fort. "Es ist in der Tat unglaublich erfrischend. Aber nur hin und wieder als herrliche kleine Leckerei. Und wir gehen nachts gern auf Friedhöfe. Dort ist es einfach wahnsinnig stimmungsvoll."
"Aber wir sind nicht älter, als du glaubst", sagte Dad. "Auch wenn sich Halbvampire tatsächlich eines sehr langen und ausgefüllten Lebens erfreuen. Deine Urgroßmutter ist zum Beispiel so alt geworden, dass sie dich noch kennengelernt hat."
Dann holte Mum ein Foto hervor, das ein bemerkenswert hässliches Baby (mich) auf dem Schoß einer kleinen Frau zeigte, die aussah wie eine sehr ramponierte Puppe.
"Ich kenne dieses Foto", sagte ich.
"Ja, aber wir haben dir nie erzählt, wie alt deine Urgroßmutter war, als es aufgenommen wurde", sagte Mum eifrig. "Sie war 124 Jahre alt."
"Und sie sieht keinen Tag älter aus als 123", sagte ich. "Erstaunlich. Also war sie auch ein Halbvampir?"
"Ja, und sie war besonders stolz darauf." Dad lächelte. "Sie sagte immer, durch unser langes Leben seien wir so etwas wie Zeitreisende. Und sie war bis zum Schluss sehr aktiv, genauso wie deine Großeltern. Auch wenn sie im Ruhestand sind, haben weder meine Eltern noch die deiner Mutter Lust, nur Zuhause herumzusitzen. Darum sind sie auch gerne mal wieder alle vier auf Reisen."
"Aber es gibt eine wichtige Regel für uns Halbvampire", sagte Mum. "Wir müssen unsere wahre Identität geheim halten. Denn wenn die normalen Menschen von uns wüssten..."
Wir würden sie ziemlich nervös machens, ergänzte Dad. Es gibt einfach zu viele wilde Geschichten über uns, darum ist es besser, sie wissen nicht, wer wir wirklich sind.<
Und ich bin ganz sicher ein Halbvampir?«, fragte ich.
Ziemlich sicher«, sagte Mum. In ein oder zwei Tagen werden wir es definitiv wissen. Dann müssten die Veränderungen, von denen wir dir erzählt haben, beginnen.<<
Wenn ich plötzlich furchtbaren Mundgeruch bekomme und mir ein spitzer Eckzahn wächst, bin ich also einer von euch?<<<
Dad nickte langsam. »Und denk daran, das ist kein Grund zur Sorge, es sei denn ... Er zögerte.
>>Ja?<«, hakte ich nach.
Dad beugte sich vor. >>Es könnte in den nächsten Tagen schwierig für dich werden, wenn deine Vampir-Seite durchbricht.<<<
>>>Lass es einfach geschehen<«, riet Mum. »Versuche nicht, dich dagegen zu wehren. Das ist sehr wichtig.<<<>
>>>Hast du noch Fragen?<«, wollte Dad wissen.
>>Ja, Mum und du, könnt ihr euch in Fledermäuse verwandeln?<<<
Mum wurde rot und Dad hustete verlegen. »Wir wollen nicht angeben... Darüber reden wir ein andermal.<<<>
>>Ich kann's kaum erwarten.« Ich sprang auf.
>>>Wo willst du hin?<«, fragte Mum.
>>Einen Krankenwagen rufen. Ihr seid ja beide völlig durchgeknallt!<<<
>>>Oh, Markus!<«, rief Mum.
>>>Tut mir leid, aber das ist nicht mehr nur merkwürdig, das ist eindeutig verrückt. Ich glaube euch kein Wort. Und ich muss jetzt dringend hier raus.<<
Nein..., begann Mum.
Doch Dad unterbrach sie, Ist schon in Ordnung, lass ihn ruhig ein bisschen frische Luft schnappen,
Und ich rannte aus dem Zimmer.
20.25 UHR
Ich musste einfach weg. Weg von meinen Eltern, die mir all diese welterschütternden Dinge erzählen, aber dabei so ruhig bleiben, als wäre das völlig normal. Das hat mich echt in Panik versetzt. Ich sag's dir, Blog, bei mir zu Hause geht etwas sehr Unheimliches vor.
Es sei denn ... Könnte es nicht auch ein riesengroßer Witz sein? Aber eigentlich machen meine Eltern keine Witze, Oder ist es vielleicht eine Art Test? Meine Eltern lieben alles, was mit Erziehung zu tun hat. Doch was sollte es für einen erzieherischen Zweck haben, mir zu erzählen, sie seien Halbvampire?
Nein, ich muss einfach darauf hoffen, dass meine Eltern verrückt geworden sind. Und wenn nicht WAS ERWARTET MICH DANN?
Die Antwort findest du in Blut auf einen Grabstein geschrieben.
21.05 UHR
Bin ein bisschen auf meinem Skateboard durch die Gegend gekurvt und hab bei meinem besten Freund Joel vorbeigeschaut.
Seine Mutter öffnete die Tür und starrte mich wie immer durchdringend an.
Hallo!, begrüßte ich sie gut gelaunt. »Ist Joel da?<<<
Er hat Hausarrest, blaffte sie. »Darum kannst du nur fünf Minuten zu ihm. Er ist in seinem Zimmer - und dort wird er für den Rest des Abends auch bleiben.<<<
Oben erzählte mir Joel von seiner neuesten Schandtat.
Heute hat mein kleiner Bruder Geburtstag und es war so langweilig bis ich die größte Wackelpudding-Schlacht organisiert habe, die du je gesehen hast!<< Er grinste. »Aber deinen Geburtstag hab ich natürlich trotzdem nicht vergessen. Hier, für dich - eine spitzenmäßige Karte!<<<
Ich öffnete den Umschlag. >>Hey, du hast sie ja selbst gebastelt.<<<>
>>Und das war ganz schön viel Arbeit. Schau dir nur die riesi-gen Buchstaben an, mit denen ich HAPPY BIRTHDAY, MARKUS geschrieben habe. Und ich hab sogar einen kleinen Kuchen gemalt.<<<
>>Das ist zu viel der Ehre!<<<
>>Ist irgendetwas Spannendes an deinem Geburtstag passiert?«, erkundigte sich Joel.
Hier in Joels Zimmer schien das seltsame Gespräch mit meinen Eltern plötzlich ganz weit weg zu sein. Ich war wieder zurück in der normalen Welt. Ich zeigte ihm mein neues Smartphone. Dann fragte ich: >>Joel, findest du, dass meine Eltern merkwürdig sind?<<<
>>Natürlich, das sind alle Eltern.<<<>
>>Aber sind meine besonders merkwürdig?<<<
>>Ja, wahrscheinlich, aber auf eine gute Art. Ich meine, deine Mutter ist längst nicht so schlimm wie meine. Sie ist total entspannt und läuft immer wie eine Schlafwandlerin durch euer Haus. Und von der guten alten Hausarbeit hält sie auch nicht viel, oder?<<<<
Das stimmte. Unser Haus war voller Bilder und Bücher, aber es war auch ziemlich chaotisch. Mum hasste es, Spinnweben zu zerstören. Und sie hatte auch nicht die geringste Angst vor Spinnen im Gegenteil, sie behandelte sie eher wie kleine Haustiere.
Plötzlich sah ich meine Mutter vor mir, mit ihren langen, dunklen Haaren und den vielen klimpernden Ohrringen. Ja, man konnte sich durchaus vorstellen, wie sie in einem Horrorfilm herumschlich. Ganz anders Dad: Er war ein eher kleiner Mann mit einem dünnen Bärtchen, einem eifrigen, hilfsbe reiten Lächeln und einem leichten Birmingham-Akzent. Aber jedes Regal in seinem Arbeitszimmer war mit Horrorgeschichten vollgestopft, er hatte Unmengen davon. Doch das bewies gar nichts. Schließlich hat er eine Buchhandlung. Warum sollte er also keine Gruselbücher sammeln?
>>>Du siehst nachdenklich aus«, sagte Joel. »Oder hast du nur Blähungen?<<
21.50 UHR
Als ich nach Hause kam, warteten meine Eltern an der Tür auf mich.
>>Ah, da ist er ja«, sagte Dad lächelnd.
>>Ja, ich bin's. Auch wenn ich gerade nicht so genau weiß, wer ich wirklich bin. Oder wer ihr seid.<<<
>>Wir möchten dir etwas zeigen, verkündete Dad. Nachdem wir in die Küche gegangen waren und uns hingesetzt hatten, reichte er mir eine kleine, silberne Schachtel. >>>>Vielleicht hast du sie schon mal in meinem Arbeitszimmer gesehen.<<<
Das hatte ich tatsächlich, weit oben auf einem Regal. feh hatte mich sogar einmal kurz gefragt, was wohl darin war.
Mach sie auf, sagte Dad.
Das tat ich. In der Kiste lag ein kleiner, weißer Eckzahn, sist das deiner?«, fragte ich.
Jawohl, sagte Dad stolz.
Dieser Zahn, in Kombination mit Dads stolzem Gesichtsaus druck, ließ alles, was meine Eltern mir erzählt hatten, plötzlich schrecklich real erscheinen.
>>So ein Ding hängt einem also einen Tag lang aus dem Mund?«, fragte ich. Und dann fällt er einfach aus?«
>>>Ganz genau.<<< Dad nickte. »Normalerweise findet man den Zahn am nächsten Morgen auf dem Kopfkissen. Man bekommt auch ein bisschen Geld dafür, weil der Zahn symbo lisiert, dass die Verwandlung in einen Halbvampir begonnen hat. Und wenn du komplett verwandelt bist, wächst dir ein zweiter Eckzahn, ein gelber.<<<
Ich nickte, während ich versuchte, das alles zu begreifen. >>>Und du hattest auch Eckzähne, Mum?«
>>Ja, aber leider habe ich meinen weißen Eckzahn verloren, sagte Mum. >>Das tut mir heute noch wahnsinnig leid. Ich wer de dafür sorgen, dass wir deine beiden Eckzähne an einem sicheren Ort aufbewahren.« Dann fragte sie ängstlich: Und wie fühlst du dich jetzt mit der ganzen Sache?«
>>>Ich?<<< Ich grinste. »Ich finde das alles zahntastischla Manchmal bin ich so ein Lügner.
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