Kapitel 2: Neue Kräfte, neue Feinde

Der nächste Morgen begann nicht gerade so, wie Shiro es sich vorgestellt hatte. Statt eines ruhigen, sonnigen Tages war der Himmel über Tokikawa immer noch düster und verfärbt, als wäre ein riesiger Schatten über die Stadt gefallen. Der Riss, den Shiro und Yuna letzte Nacht am Himmel gesehen hatten, war kleiner geworden, aber immer noch da – ein dunkles, zitterndes Loch, das gefährlich aussah, als würde es jeden Moment wieder aufreißen.

Shiro lag auf dem Dach eines verlassenen Hauses, sein Rücken auf dem kalten Beton. Er starrte in den Himmel und spürte, wie sein Herz unregelmäßig schlug. Der Schmerz in seinem linken Arm von gestern war noch da, aber es war vor allem das Kribbeln in seiner Brust, das ihn beschäftigte. Dieses warme, eigenartige Gefühl, das er nicht ganz verstehen konnte.

Neben ihm lag die leuchtende Seelenklinge. Sie schimmerte bläulich und pulste leicht, als hätte sie einen eigenen Herzschlag.

„Was bin ich eigentlich?“, murmelte Shiro vor sich hin, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. „Warum ich? Warum gerade jetzt?“

Er schluckte und wischte sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Das Gewicht all dieser Fragen fühlte sich schwerer an als sein Schulranzen. Vor gerade mal zwei Tagen war alles noch normal gewesen, und jetzt war er in eine Welt geraten, die er nicht verstand, voller Monster, Magie und einem Kampf ums Überleben.

Plötzlich hörte er schnelle Schritte auf dem Dach hinter sich. Er drehte sich um und sah Yuna. Ihr silbernes Haar wehte leicht im Wind, und ihre Augen waren noch wacher als gestern.

„Du schläfst wirklich schlecht, oder?“, fragte sie mit einem kleinen Lächeln.

Shiro setzte sich auf und gähnte. „Kannst du mir das verdenken? Ich hab letzte Nacht kaum ein Auge zugetan.“

Yuna setzte sich neben ihn. „Das wird sich nicht so schnell ändern.“

„Warum nicht?“, fragte Shiro und schaute sie neugierig an.

„Weil du jetzt erwacht bist. Deine Seele ist verbunden mit der Seelenklinge, und das ändert alles. Du hast jetzt Verantwortung – eine große Verantwortung.“

Shiro runzelte die Stirn. „Verantwortung? Ich bin doch kein Held. Ich bin nur ein normaler Typ.“

Yuna lachte leise. „Das waren wir alle mal. Aber es gibt keine Zeit, normal zu sein. Die Schatten werden nicht aufhören, und Kurotsume will die Welt zerstören.“

Shiro seufzte. „Also, was jetzt?“

„Jetzt“, sagte Yuna, „müssen wir deine Kraft trainieren. Du kannst nicht einfach ins Blaue kämpfen und hoffen, dass es klappt.“

Shiro sah zum Himmel, wo der dunkle Riss immer noch drohend schwebte. „Und wie soll ich das machen? Ich hab keine Ahnung, wie ich das kontrollieren soll.“

Yuna stand auf und blickte entschlossen in die Ferne. „Es gibt einen Ort, der uns helfen kann. Das Seelenheiligtum. Es ist der einzige Ort, an dem du lernen kannst, deine Seelenenergie zu beherrschen.“

Shiro rieb sich den Nacken. „Und wo ist dieses Heiligtum?“

„Nicht weit von hier, aber der Weg dorthin ist gefährlich. Außerdem gibt es neue Feinde, die noch schlimmer sind als die Schatten.“

„Neue Feinde?“, fragte Shiro, jetzt etwas nervös.

„Ja“, sagte Yuna und wurde ernster. „Sie sind schneller, stärker und gefährlicher. Wir müssen vorsichtig sein.“

Shiro stand auf und fühlte die Klinge in seiner Hand. Sie fühlte sich schwer an, aber auch irgendwie... richtig.

„Dann lass uns keine Zeit verlieren“, sagte er und folgte Yuna.

Sie liefen durch die zerstörten Straßen von Tokikawa. Überall lagen Trümmer, und der Geruch von Rauch hing in der Luft. Die meisten Häuser waren beschädigt, Fenster zerbrochen, Autos standen verlassen am Straßenrand. Menschen, die noch unterwegs waren, rannten panisch in alle Richtungen oder versteckten sich.

Shiro bemerkte, wie seine Hände leicht zitterten. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas hier passieren kann“, sagte er.

Yuna blickte ihn an. „Das passiert immer dann, wenn man es am wenigsten erwartet. Aber du hast jetzt eine Aufgabe.“

„Was, wenn ich scheitere?“, fragte Shiro leise.

„Dann sterben wir alle“, antwortete Yuna ehrlich. „Aber ich glaube nicht, dass du scheitern wirst.“

Sie gingen weiter, bis sie an eine dunkle, enge Gasse kamen. Yuna blieb plötzlich stehen und hob die Hand.

„Halt! Hörst du das?“

Shiro spitzte die Ohren. Ein tiefes Knurren war zu hören, und es kam aus dem Schatten der Gasse.

„Was zur...?“ Shiro trat näher und spähte hinein.

Ein Monster trat aus dem Schatten hervor. Es sah noch gefährlicher aus als die Schatten vom Himmel. Es hatte rote, glühende Augen, spitze Hörner und seine Haut war mit scharfen, schwarzen Schuppen bedeckt. Seine Klauen schienen wie aus Stahl, und ein böser Ausdruck lag auf seinem Gesicht.

„Das ist ein Seelenfresser“, erklärte Yuna, ihre Stimme hart. „Sie sind noch gefährlicher als die Schatten. Sie jagen Menschen mit starker Seelenenergie.“

Shiro spürte, wie sein Herz schneller schlug. „Was machen wir?“

Yuna zog ihr Schwert. „Bereit?“

„Bereit“, sagte Shiro, obwohl er sich nicht so fühlte.

Das Monster stürmte los. Shiro wich zurück, sein Puls raste. Er konzentrierte sich so gut er konnte und spürte das Kribbeln in seiner Brust. Plötzlich begann die Seelenklinge in seiner Hand stärker zu leuchten.

Er hob die Klinge und schlug zu. Ein grelles Licht explodierte, und das Monster schrie auf. Doch es war nicht besiegt. Es griff erneut an, noch wütender.

Yuna schloss sich dem Kampf an. Ihre Schwertklinge blitzte, und mit schnellen Bewegungen attackierten sie das Monster zusammen.

Nach einem langen Kampf fiel der Seelenfresser zu Boden und zerfiel zu Staub.

Shiro atmete tief durch. „Puh... das war knapp.“

Yuna nickte. „Das war erst der Anfang.“

Sie machten sich wieder auf den Weg, die Stadt hinter sich lassend. Während sie gingen, erzählte Yuna mehr über das Seelenheiligtum.

„Im Heiligtum wirst du unterrichtet, deine Seelenenergie zu kontrollieren, deine Klinge zu verbessern und neue Fähigkeiten zu erlernen. Aber du wirst auch auf Prüfungen stoßen.“

„Prüfungen?“, fragte Shiro.

„Ja, nicht jeder, der erwacht ist, schafft sie. Viele scheitern und verschwinden.“

Shiro schluckte. „Ich will nicht verschwinden.“

„Du wirst es nicht“, sagte Yuna fest. „Ich werde bei dir sein.“

Die Reise zum Seelenheiligtum war lang und voller Gefahren. Immer wieder trafen sie auf kleinere Monster und mussten kämpfen. Jedes Mal wurde Shiro stärker, seine Kontrolle über die Seelenklinge besser.

Eines Nachts, als sie an einem Lagerfeuer saßen, fragte Shiro: „Yuna, woher kennst du so viel über die Schatten?“

Yuna blickte in die Flammen. „Ich bin auch eine Wächterin. Ich kämpfe schon seit Jahren gegen die Schatten. Aber Kurotsume... er ist anders. Er ist mächtiger als alles, was ich bisher gesehen habe.“

Shiro fühlte eine Mischung aus Angst und Entschlossenheit. „Dann müssen wir ihn aufhalten. Zusammen.“

Yuna nickte. „Genau. Zusammen.“

Am nächsten Morgen, kurz bevor sie das Heiligtum erreichen sollten, wurden sie plötzlich von einer Gruppe neuer Feinde überrascht. Dunkle Gestalten, schneller und tödlicher als alles, was Shiro bisher gesehen hatte.

„Bereit für den nächsten Kampf?“, grinste Yuna.

Shiro nickte und hob seine Klinge. Das Abenteuer war gerade erst richtig losgegangen.

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