Schattenherz: Liebe Im Fadenkreuz
Der Regen prasselte unermüdlich auf die glänzenden Straßen Tokios nieder. Die grellen Neonlichter spiegelten sich in den Pfützen, während sich Menschenmassen unter ihren Regenschirmen durch die Gassen schoben. Zwischen ihnen bewegte sich ein Junge mit eiskaltem Blick – Hayato Kurogane, 17 Jahre alt, Schüler am Yurei-Oberschulkomplex und... in Wahrheit ein Agent der Schatteneinheit "Kage no Hana".
Hayato war kein gewöhnlicher Teenager. Schon mit 12 wurde er rekrutiert, nachdem seine Eltern bei einem mysteriösen Anschlag ums Leben kamen. Seitdem lebte er zwischen zwei Welten – dem unscheinbaren Leben eines Schülers und dem gefährlichen Dasein eines Agenten.
An diesem Abend hatte er keine Mission, aber sein Instinkt ließ ihn nie los. Jede Bewegung, jedes Geräusch filterte er wie ein Computer. Und genau deshalb bemerkte er sie.
Ein Mädchen – tropfnass, ohne Schirm, mit zerzausten braunen Haaren und Augen, die wie tiefes Violett im Mondlicht schimmerten. Sie wirkte verloren, aber auch unnatürlich ruhig. Wie eine, die wusste, dass sie verfolgt wurde.
Hayatos Hand wanderte automatisch zu seinem Ohrstecker, ein getarntes Kommunikationsgerät.
„Zentrale. Hier ist Kuro. Zielperson möglicherweise in Bedrängnis. Bitte überprüfen mögliche Bedrohung in Shibuya, Koordinaten folgen.“
„Verstanden, Kuro. Bleib unauffällig.“
Er schaltete ab und folgte dem Mädchen durch eine schmale Seitengasse. Plötzlich blieb sie stehen.
„Du folgst mir.“ Ihre Stimme war klar und ruhig. Kein Zittern. Kein Zögern.
„Ich beobachte nur. Du bist nicht von hier, oder?“
Sie drehte sich langsam um. Ihre Augen fixierten ihn. „Du bist einer von ihnen... Kage no Hana.“
Hayato zuckte leicht zusammen. Wer war sie?
„Mein Name ist Aiko... Aiko Himura. Und ich brauche deine Hilfe.“
Sie saßen in einem verlassenen Café. Der Besitzer – ein alter Informant der Organisation – hatte ihnen Unterschlupf gewährt. Hayato blickte sie an. Ihre Kleidung war durchnässt, ihre Haut blass, aber ihre Haltung war stolz.
„Sprich.“
„Ich bin nicht die, für die du mich hältst. Ich wurde trainiert, genau wie du. In einer anderen Organisation: Shinkai. Wir... waren Rivalen. Feinde. Aber jetzt...“ Ihre Stimme zitterte zum ersten Mal. „Jetzt sind sie hinter mir her. Ich habe etwas gestohlen.“
„Was?“
Sie zog ein kleines Metallobjekt aus ihrer Jacke – ein Datenkristall, versiegelt, mit einer Codierung, die Hayato nur aus Berichten kannte.
„Projekt 'Schattenherz'.“
Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Schattenherz war eine Legende unter den Agenten – eine biotechnische Waffe, die Gefühle kontrollieren konnte. Liebe, Hass, Angst...
„Warum hast du es gestohlen?“
Aiko blickte ihn direkt an. „Weil ich wusste, was sie damit tun wollten. Sie wollten Menschen kontrollieren. Eine Armee aus willenlosen Puppen. Ich wollte es zerstören. Aber jetzt... brauche ich dich.“
Hayato seufzte. Sein Leben war kompliziert genug. Doch da war etwas an ihr – nicht nur das Geheimnisvolle. Eine Wärme, die sich langsam durch seine Mauern fraß. Und gleichzeitig... eine Gefahr.
„Du bist dir bewusst, dass du mein Feind bist?“
„Bin ich das noch?“
Draußen zerriss eine Explosion die Nacht. Hayato sprang auf, zog Aiko mit sich und hechtete hinter die Theke. Glassplitter regneten auf sie herab.
„Sie haben uns gefunden!“
Er zog zwei Pistolen unter seiner Jacke hervor, reichte eine Aiko. Sie nahm sie, routiniert.
„Du kannst kämpfen?“
„Du wirst überrascht sein.“
Sie stürmten durch den Hinterausgang in den Regen. Drei maskierte Agenten in schwarzen Kampfanzügen verfolgten sie. Hayato und Aiko kämpften sich durch die engen Gassen, Kugeln zischten an ihnen vorbei.
Aiko rollte sich unter einem Gerüst durch, schoss präzise – ein Gegner fiel. Hayato wirbelte herum, neutralisierte den zweiten. Der dritte stürmte auf Aiko zu – sie verlor das Gleichgewicht –
„Aiko!!“
Hayato war schneller. Ein gezielter Kick, ein Schuss – der Angreifer ging zu Boden.
Sie keuchten. Nass. Verletzt. Aber lebendig.
Ihre Augen trafen sich.
„Du hast mich gerettet...“
„Glaub nicht, dass ich das nochmal tue.“
Sie lachte schwach. „Lügner.“
Später, in einem verlassenen Versteck, versorgte er ihre Wunden. Ihre Haut war weich, ihre Nähe machte ihn nervös. Er hatte nie gelernt, mit Nähe umzugehen.
„Du bist anders als die anderen“, murmelte sie.
„Weil ich noch fühlen kann?“
„Weil du noch kämpfst. Für etwas Wahres.“
„Ich weiß nicht, ob das wahr ist. Ich weiß nur... ich will nicht, dass du stirbst.“
Ein Moment der Stille. Ihre Gesichter so nah. Und dann... ein Kuss, kurz, zaghaft. Wie ein Flackern in der Dunkelheit.
Dann zog sie sich zurück. „Wir haben keine Zeit für Gefühle.“
„Aber vielleicht... ist genau das unsere größte Waffe.“
Doch die Nacht war noch nicht vorbei.
Ein Geräusch an der Tür ließ Hayato aufspringen. Waffen gezogen. Aiko im Rücken. Ein Schatten bewegte sich lautlos. Doch er war vorbereitet. Die Tür flog auf – und ein weiterer Agent stürmte herein, diesmal mit Klingen statt Kugeln.
Der Kampf war brutal, schnell, choreographiert wie ein tödlicher Tanz. Aiko warf eine Rauchgranate, Hayato nutzte die Deckung, sprang von der Wand ab, trat zu. Ein Schlag, ein Schnitt, dann war es vorbei.
„Wir müssen hier weg. Jetzt.“
Sie rannten. In die Nacht. In eine ungewisse Zukunft.
Und damit begann ihre gemeinsame Flucht – vor einer Organisation, die keine Gnade kannte. Und vor den Gefühlen, die sie längst nicht mehr kontrollieren konnte
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