Haarroutine für Millionen

Rapunzel stand vor ihrem riesigen goldgerahmten Spiegel und betrachtete ihr Haar. Drei Meter pures Marketing. Wellen, die sich perfekt über ihre Schultern legten, ein Glanz, den selbst das beste Photoshop-Team der Welt nicht besser hinbekommen hätte. Natürlich wussten ihre Follower nicht, was für ein Albtraum es war, dieses Haar zu pflegen. Für sie war es nur Magie. »Dein Haar ist soooo perfekt! Was ist dein Geheimnis?« »Welche Produkte benutzt du?« »Kannst du bitte mal eine komplette Haarroutine zeigen?« Rapunzel scrollte durch die Kommentare unter ihrem letzten Post. Sie lachten sie alle aus. Sie wussten einfach nicht, dass ihr Haar mehr Arbeit war als ein königlicher Regierungsapparat. Aber heute… heute würde sie es zeigen.

Schritt 1: Vorbereitung auf den Kampf

Die meisten Menschen wachen morgens auf, fahren sich einmal mit den Fingern durchs Haar und sind bereit für den Tag. Rapunzel? Sie musste erst mal einen Schlachtplan entwickeln. Sie griff nach ihrer Silberbürste – ein Spezialanfertigung mit verstärkten Borsten, damit sie unter der Belastung nicht einfach auseinanderfiel – und nahm eine tiefe Atemzug. »Okay, los geht’s«, murmelte sie. Sie setzte die Bürste an und zog vorsichtig durch eine der oberen Strähnen. Sofort blieb sie hängen. »Natürlich.« Sie zog fester. »Autsch!« Wie konnte ein Haar so verknoten, dass es aussah, als hätte ein Kobold darin gekämmt? Nach fünf Minuten, in denen sie versuchte, eine Strähne zu entwirren, war sie bereits genervt. Und das war erst der Anfang.

Schritt 2: Waschen – oder das nasse Desaster

Haarwaschtag war in Rapunzels Leben kein entspannter Beauty-Moment – es war eine Großoperation. Zuerst musste sie alle Knoten vorsichtig lösen, bevor sie auch nur daran dachte, ihr Haar nass zu machen. Sonst verwandelte es sich in ein unkontrollierbares Monster, das selbst eine Hexe nicht bändigen konnte. Dann kam das Wasser. Der größte Mythos über Rapunzels Haar war, dass es irgendwie »mühelos« schön war. Falsch. Waschen dauerte mindestens zwei Stunden. Ihr Shampoo kam nicht aus einer normalen Flasche – es wurde in speziellen Fässern angeliefert. Conditioner? Eine ganze Tonne davon. Sie hatte mal ausgerechnet, dass der Preis ihrer Haarpflege pro Jahr höher war als das Jahresbudget mancher Kleinkönigreiche. Sie arbeitete das Shampoo sorgfältig ein, zog es durch die Strähnen und spürte, wie ihre Arme langsam schwer wurden. Nach zwanzig Minuten Spülung und dreißig Minuten Conditioner war sie völlig erschöpft. Und dann kam das Schlimmste.

Schritt 3: Trocknen – oder der Marathon danach

Jeder normale Mensch trocknete sein Haar in fünf bis zehn Minuten. Rapunzel? Sie hätte einen eigenen Windkanal gebraucht. Da sie aber keine moderne Technik hatte, bestand ihre Methode aus drei Schritten: 1. Handtuchtrocknung: Funktionierte nicht wirklich, weil ein normales Handtuch einfach zu klein war. Also wickelte sie sich in ein gigantisches Leinentuch ein, als wäre sie eine wandelnde Mumie. 2. Lufttrocknung: Dauerte ca. acht Stunden, wenn es gut lief. 3. Bürsten und Stylen: Noch mal mindestens eine Stunde Arbeit. Bis sie fertig war, hätte ein normaler Mensch drei verschiedene Frisuren ausprobiert und wieder verworfen.

Schritt 4: Das Endergebnis – und der große Schwindel

Irgendwann – nach unzähligen Pflegeprodukten, endlosen Kämmsitzungen und mehreren Momenten der Verzweiflung – war das Haar endlich trocken und perfekt. Rapunzel betrachtete sich im Spiegel. Sie sah aus wie eine Göttin, ihr Haar glänzte wie pures Gold, jede Strähne fiel genau da, wo sie sein sollte. Sie zückte ihr Handy, setzte ihr bestes »Ich bin so natürlich schön«-Lächeln auf und nahm ein Video auf. »Hey, meine Lieben! Heute teile ich meine Haarroutine mit euch. So easy und schnell!« Sie lächelte, als wäre es tatsächlich so gewesen. Hashtag #NaturalGlow. Hashtag #RealBeauty.

Hashtag #BitteKauftDieseProdukteDamitEsSichLohnt.

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