Das gefährliche Gleichgewicht -

Doch in den Tagen danach begann Ayla zu zweifeln. Daniels Worte waren immer perfekt, immer auf den Punkt – doch sie spürte, dass er ihr nicht alles zeigte. Es gab Momente, in denen er abwesend wirkte, als wäre sein Geist in einer anderen Zeit, an einem anderen Ort.

Eines Abends beschloss sie, seine Fassade zu durchbrechen. Als sie im Club auf ihn wartete, fand sie ihn nicht im Hauptsaal, sondern in einem der hinteren Räume. Die Tür stand einen Spalt weit offen, und was sie sah, ließ ihren Atem stocken.

Daniel stand mit dem Rücken zu ihr, seine Hände auf einem Tisch abgestützt. Doch er war nicht der unerschütterliche Mann, den sie kannte. Seine Schultern bebten, und auf dem Tisch vor ihm lag ein altes Foto. Als sie leise näher trat, hörte sie, wie er schwer atmete – nicht vor Wut, sondern vor Trauer.

„Wer ist das?“ fragte sie leise und bereute es im selben Moment.

Daniel zuckte zusammen und drehte sich zu ihr um. Sein Blick war kalt, doch seine Augen verrieten eine tiefe Verletzlichkeit. „Das geht dich nichts an“, sagte er scharf.

„Doch, das tut es“, widersprach Ayla, ihre Stimme zitterte, doch sie wich nicht zurück. „Du verlangst von mir, dass ich mich öffne, dass ich alles zeige. Und jetzt frage ich dich: Warum tust du das? Warum bist du so, wie du bist?“

Er schwieg, und für einen Moment dachte sie, er würde sie hinauswerfen. Doch dann senkte er den Blick und sprach.

„Weil ich einmal jemanden hatte, der mich vollständig kannte“, begann er. Seine Stimme war leise, gebrochen. „Und sie hat mich verlassen. Nicht, weil sie es wollte, sondern weil ich sie verloren habe. Weil ich sie nicht schützen konnte.“

Ayla trat näher, bis sie die Kälte seiner Worte und die Hitze seines Schmerzes spüren konnte. „Du kannst mich nicht schützen, Daniel“, sagte sie. „Ich will das nicht. Ich will, dass du mich siehst – so wie ich dich sehe.“

Er sah sie an, seine Maske aus Stahl riss an den Kanten. „Und was, wenn du nicht magst, was du siehst?“

„Dann tragen wir es zusammen.“

Die dunkle Wahrheit

Die Worte, die Daniel schließlich sprach, enthüllten einen Abgrund, den Ayla nicht erwartet hatte. Die Frau, von der er sprach, war seine Verlobte gewesen – ein Mensch, der seine Dunkelheit nicht nur akzeptiert, sondern geliebt hatte. Doch ein Unfall hatte sie aus seinem Leben gerissen, und Daniel hatte sich geschworen, nie wieder jemanden so nah an sich heranzulassen.

„Jede Beziehung, die ich danach hatte, war eine Illusion“, sagte er. „Eine Kopie dessen, was ich verloren habe. Aber bei dir…“ Er hielt inne, als würde er das nächste Wort nicht über seine Lippen bringen wollen. „…fühlt es sich anders an.“

„Du versuchst, mich zu kontrollieren, weil du Angst hast, dass ich gehe“, sagte Sophie und sah ihn an, ohne zu blinzeln.

Daniel schwieg. Doch sein Schweigen war Antwort genug.

 Die Abwärtsspirale

Daniel ließ Sophie wieder in den Raum, doch etwas war anders. Seine Augen hatten den weichen Ausdruck verloren, den sie zuvor kurz erhascht hatte. Die Dunkelheit war zurück – dichter, schwerer. Er sprach leise, kontrolliert, aber jede seiner Bewegungen war von einer seltsamen Anspannung durchzogen, als hätte ihre Nähe ihn an einen Ort geführt, den er niemals wieder betreten wollte.

„Du willst die Wahrheit?“ fragte er, während er hinter ihr entlangging wie ein Raubtier, das seine Beute umkreist. „Die Wahrheit ist, dass du mich mehr brauchst, als du zugeben willst. Und dass ich dich mehr brauche, als ich sollte.“

Ayla drehte sich zu ihm um. Ihre Hände waren kalt, und doch hielt sie seinem Blick stand. „Das ist keine Liebe, Daniel. Das ist… Besessenheit.“

Er lachte leise, ohne wirklich zu lächeln. „Vielleicht. Aber Besessenheit ist ehrlich. Es ist pur. Liebe ist eine Illusion, Ayla. Sie ist ein Tauschhandel, bei dem die stärkere Seite immer gewinnt.“

„Dann ist das, was wir haben, nichts als ein Machtspiel?“ Sie spürte, wie die Hitze hinter ihren Augen brannte, wie die Worte sie erstickten.

Daniel blieb stehen, seine Stimme ein kaltes Flüstern. „Nein. Es ist das einzige, was ich habe, das real ist.“

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